Gedanken

Zum Weltfrauentag

Das Geheimnis – Pastellkreide auf Papier 48 x 36 cm

Gleichberechtigung reicht nicht


Bis vor ein paar Stunden war mir gar nicht bewußt, dass heute Weltfrauentag ist. Dann bekamen die Frauen in einer Whatsappgruppe virtuelle Rosen von einem Mann geschenkt und eine Freundin schrieb genau den Gedanken, den ich kurz davor selbst hatte „Gibt es eigentlich auch einen Weltmännertag?“ Sie ergänzte es mit den Worten, dass der ja aber eigentlich immer ist.
Seit langem beschäftige ich mich sehr mit der Rolle der Frau, mit Feminismus, Emanzipation und der Gleichberechtigung. Und spätestens bei dem Wort werde ich eigentlich immer wütend. Gleichberechtigung ist so oft in aller Munde, aber geht es uns Frauen eigentlich wirklich um die gleichen Rechte allein? Meiner Meinung nach geht es noch sehr viel weiter. Ich möchte als Frau nicht nur gleichberechtigt sein, sondern in erster Linie gleichwertig! Aus der Gleichwertigkeit ergeben sich dann auch die gleichen Rechte.


Das gebrochene Herz – Pastellkreide auf Papier 40 x 30 cm

Wir Frauen stehen uns oft selbst oder einander im Weg

Ich bin Mutter von 2 mittlerweile erwachsenen Söhnen. Die längste Zeit, die meine Kinder bei mir wohnten, war ich alleinerziehend. Ich war erzieherisch und finanziell vollkommen allein für meine Söhne verantwortlich, weil sich der Vater von ihnen einige Jahre nach unserer Trennung unbekannt verzog. Das war 1999 und meine Söhne waren 10 und 12. Ich mußte meine Arbeit als selbstständige Übersetzerin aufgeben und mir einen Vollzeitjob in einem Büro suchen. Ich ging oft schon vor den Kindern aus dem Haus und kam abends frühestens um 17:00 Uhr nach Hause. Es war für uns alle eine sehr schwierige Zeit. Die Belastung machte mir sehr zuschaffen, zumal mein jüngster Sohn seit seinem 7. Lebensjahr Diabetiker Typ 1 ist, was mit vielen Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten verbunden war – alles neben meinem Job.
Wenn ich mal um 16.30 Uhr das Büro verließ, weil ich nicht nur um 7.00 Uhr angefangen, sondern auch die Mittagspause durchgearbeitet hatte, musste ich mir von meinem Chef den Kommentar „arbeitest Du nur halbe Tage?“ anhören.

Von Haus war ich stets dazu erzogen worden, nett und freundlich zu sein, schlank und erfolgreich, immer auf das Äußere achtend.
Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich höchstens ein Fünkchen Selbstwertgefühl habe. Sätze wie von meinem Chef damals, setzten mir wirklich zu. Der Druck wurde immer stärker.
Und sobald es Probleme in der Schule mit meinen Söhnen gab, wurde mir von LehrerINNEN vorgehalten, ich wäre eben berufstätig – kein Wunder das es da Probleme gibt. Aber niemand fragte mal an, ob er helfen könnte.
Meine Mutter half mir damals sehr. Ich wohnte da zwar bereits schon in Hessen, aber sie konnte mir die Kinder in den Schulferien abnehmen.
Meine Söhne waren in der Pubertät und keinerlei Betreuungsmöglichkeiten gibt es für Kinder in diesem Alter, es sei denn, man sorgt privat dafür. Dafür fehlte mir allerdings das Geld. Schließlich bekam ich keinen Unterhalt für die Kinder. Beim Jugendamt konnte ich gut 1 Jahr lang einen Unterhaltsvorschuß für den Jüngsten beantragen, aber der fiel weg, als er 12 wurde.
Meine Geschichte ist leider kein Einzelfall und es gibt sicher noch wesentlich schlimmere, aber kann man an diese Biographien eine Messlatte anlegen? Nein. Jede ist für sich genommen schlimm. Sich mit anderen zu vergleichen, die es noch schlimmer getroffen hat, mag dem einen oder anderen vielleicht kurzfristig helfen, aber tatsächlich nimmt man dann das, was einem selbst widerfahren ist, nicht ernst und würdigt es nicht ausreichend. Und gerade im Würdigen steckt so viel Kraft.
Wenn ich mir heute vergegenwärtige, was ich in der Zeit alles geleistet habe, dann bin ich stolz auf mich. Ich habe viele Fehler in der Erziehung begangen, war oft nicht ausreichend für meine Kinder da, aber tatsächlich hat mir jeder von ihnen unabhängig voneinander gesagt, dass sie mich für das, was ich geleistet habe respektieren. Und sie taten das, noch bevor ich mich selbst dafür respektierte und für die Fehler vergeben konnte.

Warum steht jetzt über diesem doch etwas länger gewordenen Absatz, dass wir Frauen uns oft selbst im Weg stehen?
U.a. weil wir uns noch immer an anderen Frauen messen. Wir erkennen unsere Leistungen nicht an, sehen ständig andere, die scheinbar alles besser schaffen, erfolgreicher sind, hübscher sind, leistungsfähiger sind, bessere Mütter sind, bessere Mitarbeiter sind, usw. Uns Frauen fehlt es an einem gesunden Egoismus. In so vielen Frauen steckt noch der Stachel des „aufopfern“ müssen. Im Radio hörte ich noch einiger Zeit eine Werbung, die mich regelrecht wütend machte. Eine Frauenstimme verkündete, dass sie eine Erkältung hat, mit Husten, Halsweh, blablba… und vor Einblendung des Medikamentes lamentierte sie: „aber ich muss doch für meine Familie und meine Kollegen da sein!“. Medikament und Firma wurden genannt und zum Schluß war wieder die Frau zu hören, dass jetzt wieder für alle dasein kann.
WIE BITTE?!?! Leben wir in den 50iger Jahren? Es sind auch diese vermeintlichen Kleinigkeiten, die unsere Gesellschaft prägen.
Aber es gibt eben auch die Frauen, die uns das ständig einimpfen. Sie sind besser als wir, bessere Mütter, bessere Ehefrauen, bessere Mitarbeiter usw.
Als ich noch viel mit meinen Söhnen auf dem Spielplatz war, begegneten mir immer wieder die Supermütter, die alle Babies hatten, die schon von Tag 1 durchschliefen. Meine hingegen hielten mich über Monate nachts über mehrere Stunden wach. Komischerweise habe ich mich nie gefragt, warum diese Supermütter alle Ringe unter den Augen hatten. Zu sehr war ich damit beschäftigt, meine eigene Unfähigkeit zu verurteilen.

Preparation – Acryl auf Leindwand 70 x 70 cm

Werdet direkter!

Ich habe jetzt viel über meine Kinder geschrieben. Aber noch nicht über etwas, was ich von ihnen wirklich gelernt habe. Sie tragen Konflikte direkt aus. Mit 2 Jungen im Haus ist oft krach – zumindest war das bei uns so. Es flogen die Fetzen und dann war gut.
Ich hingegen wuchs mit einer älteren Schwester auf. Auch wir stritten uns, aber wesentlich subtiler. Und leider sehe ich diese Art der Konflikte ganz oft bei Frauen. Sie lächeln sich ins Gesicht und dreht sich eine um, hat sie das Messer im Rücken.
Das Frauen die direkte Art der Konfliktansprache durchaus beherrschen sehe ich an einer guten Freundin, von der ich auch lernte, Dinge direkt anzusprechen. Das ist manchmal unbequem, aber reinigend. Anstatt etwas in sich gären zu lassen, soll man es lieber gleich ansprechen und nicht ewig über kleine Andeutungen die Stimmung verpesten.
Und noch ein Letztes, bevor ich diesen Post beende:
Bei aller Notwendigkeit für Frauenrechte usw. – es bringt uns Frauen nicht weiter, wenn wir Männer generell verteufeln oder genauso stigmatisieren wie manche von ihnen uns. Männer sind anders – Frauen auch! (Ein Buchtitel, der mir immer sehr gefiel). Es darf nicht darum gehen, nach jahrhundertelanger Unterdrückung der Frau den Spieß jetzt umzudrehen. Im Ergänzen liegt der Fortschritt und im gegenseitigen Respekt vor dem anderen, auch wenn er/sie anders ist.
Das gilt nicht nur für Männer und Frauen sondern auch für Hautfarben, Herkunft, Zugehörigkeit, Glauben usw.

Frau im Fluss – Acryl auf Leinwand 45 x 70 cm

Anmerkung: 
Die Bilder sind noch aus früheren Jahren (2002-2003)
Verlinkt mit MemadeMittwochMMI
Ich muss mal was loswerden

Vor vielen Jahren, als ich mit meinem Ältesten schwanger war, ging ich in Hamburg in einen Elektronikladen. Ich hatte meinen Rucksack dabei und gleich am Eingang wurde ich gebeten, den Rucksack in eines der Schliessfächer zu packen. Ich weigerte mich und verliess den Laden. Etwas später passierte das Gleiche in einem anderen Laden. Das Sicherheitspersonal bat mich wieder, meine Tasche in ein Schliessfach zu legen, aber diesmal gab ich nicht nach. Ich sagte den Herren des Sicherheitspersonals, dass ich a) wissen möchte, ob sie für die Sicherheit der etwas abgelegenen Schliessfächer garantieren können und b) wie sie sich vorstellen, dass ich irgendetwas an Ware an mich nehmen könnte, wenn ich Portemonnaie, Handy und Schlüssel in meinen Händen mittragen würde. Sie liessen mich letztlich durch, aber diese beiden Beispiele stehen dafür, was mir extrem zu wider ist: Ich werde als potentieller Dieb behandelt und nicht als Kunde.
Am Flughafen ist es nicht anders. Dort werde ich nicht als Fluggast behandelt, sondern als potentieller Terrorist. Flüssigkeiten über 100 ml ( oder wieviel es auch immer sein mag) muss ich vor den Sicherheitskontrollen wegwerfen. Angeblich gefährliche Gegenstände werden mir ersatzlos abgenommen. Bin ich mit meiner Kamera unterwegs, wird mein Objektiv auf Sprengstoffspuren untersucht. Einmal fragte ich einen Mitarbeiter am Flughafen, warum das an meinem Heimatflughafen gemacht wird und er sagte, es wäre für meine Sicherheit. Als ich ihm sagte, dass auf anderen europäischen Flughäfen diese Untersuchung bisher noch nie stattgefunden hätte, sagte er mir, ich solle doch froh sein, dass wenigstens an diesem Flughafen die Sicherheitsvorkehrungen so streng sind. Sind sie das oder ist das alles nur ein oberflächliches „in-Sicherheit-wiegen“?
Was heute in Amerika passiert, passt für mich in das gleiche Schema. Menschen werden nicht mehr als Menschen gesehen sondern als potentielle Verbrecher/Terroristen. Das einstige Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“, welches schon lange nicht mehr so unbegrenzt ist, hat in den letzten Tagen eine Begrenztheit erfahren, die kaum jemand für möglich gehalten hätte.
Wir alle sind in erster Linie Menschen – egal welche Hautfarbe, Religion, sexuelle Orientierung oder Herkunft. Wie es ist, wenn das nicht respektiert wird, hat Deutschland vor vielen Jahren bereits erfahren. Auch in anderen Ländern und Regionen unserer Welt kam es u.a zu Völkermord, Rassismus und Verfolgung bzw. Inhaftierungen, Folter etc. Dass die USA in dieser Zeit so extrem in diese dunklen Zeiten der menschlichen Geschichte absteigen würde, war fast undenkbar. Das dort nicht alles immer mit rechten Dingen zuging – dafür steht Guantanamo, Krieg in Afghanistan, Irak, der „Patriot Act“, usw.
Ich habe und hatte aus persönlichen Gründen vorerst nicht vor, wieder in die USA zu reisen. Jedoch jetzt noch viel weniger. Ich will nicht schweigen, wenn eine Regierung eines so mächtigen Landes, eines Verbündeten Europas, die Menschenwürde nicht respektiert, Menschen wegen ihrer Herkunft und Religion diskriminiert und nicht einreisen lässt. Wenn Frauen kein Recht mehr auf Schwangerschaftsabbruch haben, wenn ungeborenes Leben in einem Land ausgetragen werden muss, während andere Leben an der Grenze abgewiesen werden. Wenn Frauen von einem Staatsoberhaupt öffentlich zu Sexualobjekten werden, begrabscht und benutzt werden dürfen und kein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung haben. Was ist das für eine Botschaft an die Gesellschaft? Ein Präsident der USA wurde öffentlich diffamiert, weil er einvernehmlichen Sex mit einer Praktikantin hatte, es gab das berühmte „Nipplegate“ beim Superbowl vor einigen Jahren, aber ein Mann, der meint, es wäre „Locker room talk“, wenn er sagt, er könne jeder Frau an ihre Geschlechtsteile fassen, wird von dem selben Volk zum Präsidenten gewählt? In was für einer Gesellschaft leben wir? „This is not America“ sang David Bowie einst. Auch wenn es gerade in Amerika passiert, sehe ich eine Gefahr für die Welt, denn ich glaube, es ist überall möglich. Ich bin nicht vor Angst gelähmt, doch der zunehmende Fremdenhass ist gefährlich. Unser aller Leben war noch nie sicher, aber heute ist es sicherer als noch im Mittelalter. Dennoch wird die Angst in den Medien vor Flüchtlingen und Ausländern geschürt. Das der Westen massgeblich mit daran Schuld ist, dass Menschen in Syrien ihr Land verlassen, wird nur in ausgesuchten Sendungen, Zeitungen erwähnt. Dabei ist das gerade eine große Schande und es macht mich wütend.  Angst ist ein wirksames Mittel, um Menschen „gefügig“ zu machen. 

Mich beunruhigen eher die Familien und Personen die auf privaten Sendern gezeigt werden und genauso, dass diese Sendungen immer noch eingeschaltet werden, um sich im nächsten Moment über das miese Fernsehprogramm zu beschweren. Gerade die Privatsender sind von Einschaltquoten abhängig und jeder könnte das Programm mitgestalten, wenn bestimmte Sendungen einfach nicht mehr geschaut werden. 
Ich bin gegen Terrorismus, gegen jegliche Art von Extremismus und Gewalt. Ich bin aber auch gegen die Verbreitung von Angst in den Medien, gegen die Verdummung und die subtile Beeinflussung. Ich bin gegen vieles, dennoch ertappe mich oft dabei, selbst Vorurteile zu haben oder gerade das zu machen, zu denken, gegen das ich eigentlich bin. Dann muss ich mich selbst hinterfragen. Ich muss mich bewußt mit mir und der Sache auseinandersetzen. Ich bin fehlbar und nicht perfekt, habe Macken, Ecken und Kanten, bin oft inkonsequent, aber darüber bin ich mir größtenteils bewusst. Und ich will nicht schweigen in einer Zeit, wo so manches drunter und drüber geht.

Über Depressionen

Ich war jetzt eine Weile inaktiv auf meinem Blog und an meiner Nähmaschine. Einzig habe ich ein paar Klamotten geändert. Der Grund für meine Abwesenheit ist meine wiedergekehrte Depression. Wer meinen Blog verfolgt, hat mich in erster Linie als einen lebensbejahenden und eher fröhlichen Menschen erlebt. Ich hatte auch schon ein, zwei Durchhänger publik gemacht, aber bisher ist nirgends auf meiner Seite etwas über meine seit Jahren bestehende Depression zu lesen. Ich habe mich bis heute entschieden, nichts darüber in diesem Blog zu schreiben, doch jetzt drückt mich die Depression so sehr in die Knie, dass die letzten Tage für mich fast unerträglich waren.

Vielleicht fehlte es mir auch bisher an Vorbildern in den mir bekannten Kreativblogs, die nicht nur über ihre tollen Projekte schreiben. Ich war immer ganz erfreut, wenn ich in manchen Blogs über Missgeschicke las, die so wunderbar ehrlich und dennoch durch einen gewissen Abstand auch lustig zu lesen waren. Ich kann mich darin selbst erkennen. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich habe viel Interesse an den den tollen Bloggern, die über ihr Leben schreiben und das, was sie machen. Meine Bookmarks sind voll davon. Ich glaube mir geht es einfach darum, auch unter den vielen Bloggern über eine Seite zu schreiben, die es eben auch gibt und ganz ehrlich – ich hoffe, dass es nicht Vilen so geht, wie mir. 
Neben meiner kreativen Seite, die näht, malt, Glas schneidet und noch so viel ausprobieren will, ist leider auch die Seite, die zu Depressionen neigt. Diese Depressionen legen alles lahm. Sie begannen ganz massiv vor mehr als 16 Jahren, als ich mit einer dazugehörigen Angststörung meinen bisherigen Job als Marketing-/Vertriebsassistentin aufgeben musste. Schon der Job, der nie mein Fall war, trug maßgeblich zu meinem damaligen Zusammenbruch bei. Ich bin eben ein kreativer Mensch, der gern Dinge mit den Händen macht, Ideen entwickelt und völlig deplaziert in einem Büro ist. Dennoch wählte ich damals diesen Weg, weil ich alleinerziehende Mutter von 2 Söhnen war, mein Exmann spurlos verschwunden und somit auch kein Unterhalt gezahlt wurde. Also gab ich meinen eher unsicherern Beruf als freiberufliche Übersetzerin für Filme und Serien auf, um mir eine Festanstellung zu suchen. 
Ich war erfolgreich in meinem Job, verdiente gutes Geld und jonglierte zwischen Vollzeitjob und 2 pubertierenden Kindern mein Leben. Das ging ca. 2 Jahre einigermaßen gut. Dann brach alles zusammen. Es folgte ein mehrwöchiger Klinikaufenthalt mit anschließender ambulanter Therapie. Meine Mutter, die damals extra aus Hamburg zu uns nach Hessen kam, kümmerte sich um meine Kinder. Mein Partner stand mir, wo er konnte zur Seite. Und meine Freundin, die ich heute nie wieder missen will, war mir eine große Hilfe. Es dauerte viele Jahre, bis ich wieder einigermaßen auf den Beinen war. Meinen Beruf/Job kann ich nicht mehr ausführen und beziehe seit einigen Jahren eine Erwerbsminderungsrente. 
Das alles wollte ich hier eigentlich nie schreiben und vielleicht lösche ich diese Seite bei Zeiten auch wieder, doch gerade jetzt, wo meine Depression mit einer solchen Macht wieder da ist, möchte ich darüber schreiben, weil es mir Erleichterung bringt. Und ich möchte mich an dieser Stelle auch gegen den ständig herrschenden Perfektionismus aussprechen, der meines Erachtens besonders bei Frauen sehr stark ausgeprägt ist. Wir – und ich zähle mich leider noch immer dazu, wenn auch vielfach abgemildert durch jahrelange Therapie – wollen die perfekten Mütter, die perfekten Partnerinnen/Ehefrauen, die perfekten Berufstätigen und stets attraktiven Frauen sein. Dieses Bild wird von den Medien noch zusätzlich gefördert. 
Ich rege mich darüber auf, dass mir im Fernsehen eine Moderation sagt, wo meine Problemzonen sind. Es ärgert mich, wenn von Frauen berichtet wird, die angeblich spielend Beruf und Familie unter einen Hut bekommen, weil ich mich dem gegenüber immer als Versager fühle. 
Natürlich gibt es solche Frauen, aber sind sie wirklich der Maßstab? Können denn nicht auch andere Frauen daneben bestehen, die eben nicht alles allein schaffen und dennoch stark sind? In ihrer Schwäche Stärke zeigen? Mir ist bewußt, dass es Männern im Leben auch nicht leicht haben und vielleicht schreibe ich irgendwann mal meine Gedanken dazu auf, doch hier geht es jetzt um mich.
In einem Blog las ich neulich von einer jungen Frau, die sich eine Bluse genäht hatte und ein wenig enttäuscht darüber war, dass sie nicht auf dieses selbstgemachte Stück angesprochen wurde. Sie hatte beim nähen einige Schwierigkeiten gehabt und war nun ganz zurecht stolz auf diese Bluse. Sie schrieb aber, dass keiner fragte, ob sie sie selbstgemacht hatte. Als ich das las, wurde mir meine eigene Haltung bewußt. Wenn ich etwas nähe und mich fragt jemand, ob ich das selbstgemacht habe, frage ich mich (manchmal auch direkt zurück), ob man das denn sehen würde. Ich glaube dann immer, dass an irgendeiner Stelle etwas nicht richtig ist. Was ist das für eine schräge Haltung meinerseits? Ich weiss auch nicht, ob noch jemand solche Reaktionen oder Gedanken hat, aber ich kenne sie nur allzu gut. Und mit dieser Haltung beginne ich oft neue Projekte, die eine so hohe Messlatte haben, dass ich sie nie erreichen kann. Wenn es mir gut geht, ich die innerliche Kraft habe, setze ich mich hin und übe (ich bin passionierte Autodidaktin). Ich arbeite auch so lange an einer Sache, bis ich damit zufrieden bin. Das geht eben, wenn es mir gut geht und ich auch einigen Frust wegstecken kann. Aber warum nicht auch mal etwas mit Stolz tragen, was eben nicht perfekt ist?
Doch im Moment geht es mir nicht gut. Es geht mir tatsächlich richtig schlecht. Ich habe viele Jahre ein Anti-Depressivum genommen, welches ich über eine Zeitraum von fast einem Jahr ausschleichend abgesetzt hatte. Ich bin fast ein Jahr ohne Medikamente. Stattdessen begann ich mit Joggen und überbrückte den Winter mit einer Tageslichtlampe. Es gab immer wieder kleinere Einbrüche, aber die konnte ich tragen. Doch was ich in den letzten Tagen in mir spüre, bringt mich fast an den Rand dessen was ich ertragen kann. Durch meine jahrelange Therapie habe ich eigentlich alles Nötige, um diesen „Krisen“ zu begegnen, doch gerade jetzt stelle ich fest, dass ich vom Verstand her alles weiss, aber vom Gefühl nicht dran komme.
Es gibt viel im Internet über Depressionen zu lesen. Dennoch habe ich persönlich noch immer ein gewisses Schamgefühl, darüber zu sprechen.
Dies ist ein Schritt, mich damit auseinander zu setzen. 
Seit gestern nehme ich wieder mein Anti-Depressivum und fühle mich innerlich als Versager, aber das ist noch besser, als diese unglaublich dunklen und beängstigenden Gedanken in mir. Leider wird die Wirkung erst in ein paar Wochen richtig eintreten. Solange muss ich durchhalten, aber im Moment habe ich ein beruhigendes Gefühl, dass ich mich wenigstens um mich selbst kümmere.
Etwas gibt mir allerdings Hoffnung, auch wenn sehr minimal – bisher kam ich aus diesen Depressionen immer wieder raus und hatte dann eine unglaublich kreative Phase. Wenn ich jetzt noch lerne, sie nicht bis zur nächsten Erschöpfung mit selbstproduzierten Leistungsdruck gepaart mit Perfektionismus auszuleben, könnte ich der nächsten depressiven Phase ein wenig Dynamik nehmen.
Ich bin mir darüber bewußt, dass ich hier weder sehr rund noch schön ausformuliert schreibe. Mir persönlich erscheint es mächtig durcheinander. Auch hätte ich vielleicht mehr über das Krankheitsbild Depression schreiben können, aber ich lasse es, weil mir gerade die Kraft dazu fehlt. Ich habe es allein für mich geschrieben und veröffentliche es jetzt, weil ich aus der dunklen Ecke herauskommen möchte. Es ist mein eigenes Coming-out und nimmt etwas von dem inneren Druck. 
Bei allen dunklen Gedanken und undefinierbaren Ängsten, die gerade in mir herrschen, gibt es aber auch diese unendliche Dankbarkeit meinen Freunden gegenüber, sowie meinem sehr verständnisvollen Partner. Angehörige und Freunde von Menschen, die immer wieder in depressiven Phasen kommen, haben es nicht leicht. Ich habe das große Glück, dass meine beste Freundin nicht nur Beraterin/Coach in Lebenskrisen ist, sondern selbst auch schon so einige bewältigen musste. 
Was ich abschliessend noch für mich und auch all diejenigen sagen möchte: Depressionen sind eine Krankheit und gehört als solche ernstgenommen zu werden. Es nützt nichts, sich „zusammenzureissen“, denn am Ende verstärkt es die Symptome. „Komm mal auf anderee Gedanken“ ist auch ein gut gemeinter Rat, der aber leider nicht ohne weiteres, insbesondere entsprechender professioneller Hilfe, von alleine befolgt werden kann. In mir sind viele schöne Gedanken, wunderbare Erinnerungen, doch im Moment nicht zugänglich. Es ist, als wäre ich in einem fensterlosen Raum mit verschlossener Tür und kann im dunkeln den Schlüssel nicht finden. 
Sobald ich wieder stärker bin, mehr Licht spüre, bin ich gern bereit auch Fragen dazu zu beantworten. Wer etwas dazu schreiben möchte, möge mir verzeihen, wenn ich nicht sofort darauf antworte. 

2 Kommentare zu „Gedanken

  1. Geschrieben hatte ich das im April 2016. Mir geht es mittlerweile besser und bin seitdem nicht mehr so tief gefallen, dank meiner Therapie und mehr Achtsamkeit mit mir selbst. Dafür habe ich viel Zeit gebraucht, um diesen Punkt zunerreichen, aber er hat sich seeehr gelohnt. Danke für Deine Worte, Gabi!

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